Gemeinderatssitzung 7. April 2022 – Totalrevision Grundordnung ist aufgegleist
9. April 2022
Das Stadtentwicklungskonzept 2050 (Stek) liegt in gedruckter Form bereits vor, nun ist auch die Totalrevision der Grundordnung aufgegleist. Nach einer engagierten Debatte im Gemeinderat, an der sich auch die Mitte-Fraktion beteiligte und Baudirektorin Sandra Maissen offene Fragen kompetent beantwortete, durfte die Stadträtin erfreut zur Kenntnis nehmen, dass sowohl das Vorgehen als auch der beantragte Rahmenkredit von 1,75 Mio. Franken und ein Nachtragskredit für die erste Phase der Revision in Höhe von 280 000 Franken einstimmig genehmigt wurden. Wie ehrgeizig der vorgelegte Fahrplan mit der Volksabstimmung bereits im Herbst 2025 ist, zeigte ein Rückblick von Norbert Waser auf die letzte Totalrevision vor zwanzig Jahren, die er noch als Ratsberichterstatter für das «Bündner Tagblatt» mitverfolgte. Nach einem Neustart unter dem frisch gewählten CVP-Stadtrat Roland Tremp und 29(!) Kommissionssitzungen war die Vorlage nach sieben(!) Jahren abstimmungsreif und wurde nach der Zustimmung des Volkes mit über 80 Prozent im Sommer 2007 durch die Regierung genehmigt. Sie sei sich bewusst, dass der vorgelegte Fahrplan ambitioniert sei, mit der nötigen Projektführungsunterstützung sei dieser aber nicht unmöglich, sagte Maissen. Allerdings gebe es viele Faktoren, die nicht in den Händen der Vorbereitenden liegen würden. Fraktionspräsident Peter Portmann begrüsste die forsche Gangart und mahnte in Bezug auf die öffentliche Mitwirkung und das vorgesehene «Soundingboard» vor ausufernden Diskussionen. Die Revision sei zu lange nicht angepackt worden, nun mache der Stadtrat mit einem ehrgeizig anmutenden Zeitplan keine halben Sachen.
Ihre Rolle als «Zünglein» an der Waage spielte die Mitte-Fraktion beim Auftrag von Jean-Pierre Menge (SP) zur Einführung einer Tempo-30-Zone auf der Salvatorenstrasse. Erstmals in dieser Zusammensetzung war die Mitte-Fraktion bei einem Geschäft nicht einer Meinung. Norbert Waser, der daran erinnerte, dass er 1985 auf der «BT»-Frontseite unter dem Titel «60, 50, 40, 30, 20, 10 km/h» noch einen flammenden Kommentar gegen die Einführung von Tempo 50 innerorts geschrieben habe, begründete ausführlich sein Umdenken in Sachen Tempo 30 und die von den beiden Fraktions-Kollegen abweichende Haltung. Es sei nicht zuletzt die sachorientierte Politik, die ihn nach seiner Journalistenlaufbahn bewogen habe, sich der CVP, resp. der Mitte-Partei, anzuschliessen. Als Journalist habe ihn das emotionale Thema Tempo 30 über drei Jahrzehnte begleitet. Mit der Unterstützung der vom Stadtrat in seinem Bericht aufgezeigten Lösung (zu der Waser allerdings noch einige kritische Bemerkungen abgab) wolle er einerseits den jahrelang vertrösteten Anwohnern zeigen, dass sich politisches Engagement lohne, aber auch ein Zeichen für mehr Sicherheit und Lebensqualität in der Stadt setzen. Fraktionspräsident und Jurist Peter Portmann liess sich bei seiner Begründung der Ablehnung des Auftrages nicht von Emotionen leiten, sondern verwies auf das Strassenverkehrsrecht und klärte über den rechtlichen Rahmen der Einführung von Tempo 30 auf. Er warnte davor, sich mit einer überstürzten Signalisation die Finger zu verbrennen. Wenn es ausreiche, seitens Anwohner einer Quartierstrasse Druck aufzubauen, würden Dämme brechen. Angesichts drohender Gerichtsverfahren würde es manch einem schwindlig vom Schilderwechseln. Auch Stadtpräsident Urs Marti klärte über die – teils tatsächlich unbefriedigenden – Verfahrensabläufe und Zuständigkeiten auf. So sei die Stadtpolizei für die Ausgestaltung von Tempo 30 zuständig und stütze sich dabei auf Messungen und Gutachten. Im Fall der Salvatorenstrasse hätten diese ergeben, dass der Verkehr – entgegen dem Empfinden der Anwohner – nicht zugenommen habe und die Durchschnittsgeschwindigkeit mit 35 bis 37 km/h sogar tiefer sei als auf der Loëstrasse. Die vom Stadtrat im Bericht vorgeschlagene Ausgestaltung einer Tempo-30-Zone im Bereich der Bolettastrasse und Bündtestrasse sei aufgrund der Abklärungen wohl das Maximum, das auch einer Beschwerde standhalten könnte. Nachdem die SP-Fraktion die Chancenlosigkeit eines Antrages, die ganze Salvatorenstrasse mit Tempo 30 zu belegen, einsehen musste, wurde der Antrag mit der entscheidenden Stimme von Mitte-Gemeinderat Norbert Waser mit 11:10 Stimmen im Sinne der Erwägungen des Stadtrates überwiesen.
Ihre differenzierte Haltung zu den einzelnen Sachgeschäften zeigte die Mitte-Fraktion auch bei den übrigen Traktanden. Nachdem Tino Schneider beim Auftrag von Mario Cortesi (SVP) zur Optimierung der Abfallbewirtschaftung dank Internet der Dinge zu Augenmass aufrief und vor überstürzten Investitionen Fakten zur Wirksamkeit und möglichen Kosteneinsparungen erwartet, wurde der Auftrag im Sinne der Erwägungen (und der Erläuterungen von Stadträtin Sandra Maissen) mit 17:4 Stimmen (ohne FDP) überwiesen.
Die vollständigen Unterlagen zur Gemeinderatssitzung finden Sie hier.