Gemeinderatssitzung vom 15. Dezember 2022 – Mitte stellt den «höchsten Churer»
16. Dezember 2022
Ende 2020 ging der Journalist Norbert Waser nach 48 Dienstjahren in der Medienbranche in Pension. Seit 1998 hat er als Redaktor des «Bündner Tagblatts» von über 200 Sitzungen des Churer Gemeinderates in der Zeitung berichtet. Nun leitet er als Gemeinderatspräsident für ein Jahr selbst die Sitzungen des Churer Stadtparlaments. Nur zwei Jahre nach seiner Wahl in den Gemeinderat wird dem 66-jährigen Mitte-Politiker die Ehre zuteil, als «höchster Churer» seine Heimatstadt zu vertreten. «Ein emotionaler Seitenwechsel», wie Waser offen gesteht.
«Als Gemeinderat bekommt man einen tiefen Einblick in die Vorbereitung der einzelnen Geschäfte und die Meinungsbildung in den Fraktionen, der einem als aussenstehender Journalist weitgehend verborgen bleibt», stellt Waser nach zwei Jahren als Parlamentarier fest. Erst in der November-Sitzung hat er als Fraktionspräsident der Mitte an den Stadtrat appelliert, angesichts der umfangreichen Botschaften auf eine bessere Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Sitzungen zu achten. Als Gemeinderatspräsident kann er nun im neuen Jahr selbst darauf Einfluss nehmen. Als Vizepräsidentin steht ihm Géraldine Danuser zur Seite. Beide erhielten in der geheim durchgeführten Abstimmung je 17 Stimmen. Die junge GLP-Frau stand zusammen mit Norbert Waser am 27. September 2020, also vor erst gut zwei Jahren, als frisch gewählte Mitglieder des Gemeinderates vor den TV-Kameras, nun bilden der alte weisse Mann und die junge grünliberale Frau im kommenden Jahr bereits das Präsidium. «Ich verspreche, diese Aufgabe mit Demut anzupacken und freue mich in meinem Präsidialjahr insbesondere auch auf viele Begegnungen mit der Bevölkerung meiner Heimatstadt», sagt Waser. Ein erster emotionaler Höhepunkt war das Dirigieren des Churer Marsches, gespielt von der Musikgesellschaft Union in der Rathaushalle. Waser erhielt dabei den Dirigentenstab aus der Hand des scheidenden SP-Gemeinderatspräsidenten Jean-Pierre Menge.
Haupttraktandum der letzten Sitzung des Jahres war das Budget 2023. Dabei wurden sämtliche von der Geschäftsprüfungskommission, in der die Mitte mit Tino Schneider vertreten ist, gestellten Anträge gutgeheissen. Dabei ging es insbesondere um pauschale Kürzungen um 5 Prozent bei externen Honoraren. Dadurch verbesserte sich das Budget bei einem Aufwand von 282,5 Mio. und einem Ertrag von 283,2 Mio. auf ein Gesamtergebnis von 725 600 Franken. Die Nettoinvestitionen wurden bei 76,8 Mio. festgelegt. Daraus resultiert ein Finanzierungsfehlbetrag von 62,9 Mio. und ein Selbstfinanzierungsgrad von 17,9 Prozent. Die von der SVP-Fraktion heraufbeschworenen Schreckensszenarien – auch bei der Kenntnisnahme des Jahresberichts der IBC Energie Wasser Chur – bezeichnete Tino Schneider als Panikmache und verwies auf die nach wie vor gesunden Stadtfinanzen. Auch Stadtpräsident Urs Marti verwies darauf, dass auch die Rechnung 2022 besser abschliessen werde als budgetiert. Fraktionspräsident Waser wehrte sich gegen die Unterstellung von SVP-Gemeinderat Walter Hegner, die Fraktionen würden Finanzbotschaften ohne vertiefte Prüfung einfach durchwinken.
Vertieft geprüft und eingehend diskutiert wurde auch die Botschaft zum Neubau der Messe- und Eventhalle Obere Au. Namens der Mitte-Fraktion äusserte Waser Zweifel, ob der zur Diskussion stehende Betriebsbeitrag von jährlich 560 000 Franken ausreichen wird. Mit Blick auf die Volksabstimmung erwartet die Mitte-Fraktion Transparenz, damit das Stimmvolk in Kenntnis aller möglicher Konsequenzen entscheiden kann, ob es sich eine neue Stadthalle leisten will. Als Mitglieder Redaktionskommission kann da Waser direkt Einfluss auf die Gestaltung des Abstimmungsbüchlein nehmen. Die Abstimmung ist im März vorgesehen.