Unsere Website ist nicht für deine Browserversion optimiert.

Seite trotzdem ansehen

Gemeinderatssitzung vom 11. April 2024 – Mitte stellt kritische Fragen

12. April 2024

Die April-Sitzung des Churer Gemeinderates, die in Vertretung der krankheitsbedingt abwesenden Ratspräsidentin Géraldine Danuser (GLP) von Gemeinderats-Vizepräsident Rainer Good (GLP) geleitet wurde, begann mit einer brisanten Protokoll-Erklärung der Redaktionskommission. Weil die an der Februar-Sitzung verabschiedete Botschaft zum Bodengeschäft in Chur West zwei Abstimmungsfragen enthält, die einen direkte Abhängigkeit haben und vom Stimmvolk so nicht einzeln beantwortet werden können, wird das Boden-Tauschgeschäft zwischen der Stadt und der Baugesellschaft City West an der Mai-Sitzung des Gemeinderates nochmals traktandiert. Die ursprünglich vorgesehene Abstimmung am 9. Juni ist damit obsolet. Die Abstimmung zum Kauf von zwei Parzellen im Teilgebiet E war mit 18:0 (zwei Enthaltungen) genehmigt worden, die Frage nach dem Verkauf einer städtischen Parzelle im Ausmass von 5204 Quadratmeter zu einem Preis von 8,2 Millionen Franken war nach einem gescheiterten Rückweisungsantrag der SP-Fraktion (9:11 Stimmen) mit 11:7 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) genehmigt worden. Nun wird das Tauschgeschäft mit einer neu formulierten Abstimmungsfrage nochmals traktandiert.

Infolge Abwesenheit von Ratspräsidentin Géraldine Danuser (GLP), Gemeinderat Vincenzo Cangemi (SP) und dem vorzeitigen Abgang von Gemeinderat Jean-Pierre Menge (SP) waren an der Aprilsitzung ab dem dritten Geschäft nur noch 18 Ratsmitglieder anwesend. Zu keinen Diskussionen führte die vom Stadtrat vorgeschlagene Kandidatin für die Ersatzwahl in die Kulturkommission. Als Ersatz für den aus beruflichen Gründen vorzeitig zurückgetretenen Men Duri Arquint wurde Anita Willi mit 19:0 Stimmen als Mitglieder der Kulturkommission für den Rest der Amtsdauer 2021 bis 2024 gewählt.

Varianten für Schulhaus-Erweiterung Masans

Von sämtlichen Fraktionen grundsätzlich positiv aufgenommen wurde die Botschaft zu einem Landgeschäft im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Schulhauses Masans. Seitens der Mitte stellte Gemeinderat Silvio Curschellas fest, dass es sich bei dieser Botschaft im Umfang von gerade mal fünf Seiten mit einer finanziellen Tragweite von 4,7 Millionen Franken wohl um einen rekordhohen Preis pro Seite handle. Entsprechend ortete Curschellas auch noch offene Fragen, so zu den diversen weiteren Parzellen auf dem Schulhausareal und zur geplanten Verlegung des Reiterhofes und er bedauerte, dass die Botschaft zum Kredit für die Erweiterung dem Rat nicht gleichzeitig vorgelegt wurde.

Stadtpräsident Urs Marti erklärte, dass man verschiedene Optionen geprüft habe, so auch einen Neubau auf dem gegenüberliegenden Areal Rückenbrecher oder einen Wechsel in die Räumlichkeiten der Pädagogischen Hochschule. Es habe sich aber gezeigt, dass der vorgeschlagene Landkauf die beste Möglichkeit ergebe, in Varianten zu denken. Weil die bestehenden Gebäude unterschiedlich alt sind, ist auch der Bau von Provisorien (zum Beispiel Holzbauten wie Quadrin) für eine Dauer von bis zu 20 Jahren denkbar. Ohne den Kauf der zur Diskussion stehenden Landparzelle wäre man bei der Planung aber sehr stark eingeschränkt. Der Bau der Verlängerung des Veloweges entlang der Bahnlinie sollte so auch noch vor dem Verfall der zugesicherten Bundesgelder möglich sein. Interessante Aussagen machte Marti in Bezug auf den Ersatz der Reithalle, so soll diese neben dem Tierheim – auf einem allerdings noch einzuzonenden Areal ­– geplant werden, allenfalls in Kooperation mit den Bedürfnissen des Tierheims. Nach dem Wegfall der Reithalle auf der Oberen Au und bei einem Kauf des Areals des Grundstücks der bestehenden Reithalle auf dem Gutshof Mehli sei es wichtig, Voraussetzungen zu schaffen, damit auch der insbesondere bei Mädchen stark nachgefragte Reitsport weiterhin ausgeübt werden könne. Der Kauf des Areals für 4,7 Mio. wurde vom Gemeinderat einstimmig gutgeheissen, der Entscheid unterliegt damit dem fakultativen Referendum.

Keine hohen Wellen warf das von Stadträtin Sandra Maissen vertretene Geschäft zur Teilrevision der Grundordnung im Zusammenhang mit den Gewässerräumen. Seitens der Mitte hatte Fraktionspräsident Norbert Waser aufgezeigt, dass es sich bei diesem Geschäft um eine Pendenz letzten Jahrzehnt handelt, wurde doch die Revision der Gewässerschutzgesetzgebung des Bundes bereits vor 13 Jahren vorgenommen. Die inzwischen mit Chur fusionierten Gemeinden Maladers und Haldenstein haben die entsprechenden Anpassungen der Gesetzgebung längst vorgenommen. Um die in Chur geltenden strengeren Übergangsbestimmungen des Bundes aufzuheben und mit einigen blockierten Projekten vorwärts machen zu können, wird die vorliegende Teilrevision trotz laufender Totalrevision der Grundordnung vorgezogen. Waser erwähnte in diesem Zusammenhang auch das Revitalisierungspotenzial an verschiedenen Abschnitten des Mühlbachs und bat die Redaktionskommission um eine verständliche Abstimmungsbotschaft. Die Botschaft wurde mit 16:0 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) zuhanden der Volksabstimmung verabschiedet.

Kritische Bemerkungen zu Gedenktafel für Nazistein

Von Mitte-Gemeinderat Tino Schneider mit seinem überwiesenen Auftrag ausgelöst wurde die Aufarbeitung der Geschichte des Gedenksteins für deutsche internierte Soldaten auf dem Friedhof Daleu. Vom Resultat zeigte sich Historiker Schneider wenig angetan, insbesondere tut er sich schwer mit dem vorgeschlagenen Inhalt der geplanten Gedenktafel. Er bemängelte auch, dass in der Botschaft kein Bezug zum Nationalsozialismus, zum NS-Totenkult sowie zur zentralen Rolle des Volksbundes hergestellt wurde, der in der Medienberichterstattung aufgegriffen worden war. Inhaltlich gehe die Tafel praktisch allen kritischen Fragen aus dem Weg. Tino Schneider, der auch Mitglied des Grossen Rates ist, hofft, dass das angestossene Forschungsprojekt des Kantons zu diesem Thema neue Erkenntnisse ans Licht bringen wird und die Gedenktafel allenfalls ergänzt oder im Idealfall komplett überarbeitet wird.

Stadtpräsident Urs Marti nahm die – auch von anderen Fraktionen geäusserten – politischen Wertungen zur Kenntnis, betonte aber, dass der Stadtrat den textlichen Inhalt der Tafel bewusst den Historikern überlassen habe. Der Auftrag wurde – gemäss Formulierung von Tino Schneider von der Mitte-Fraktion «zähneknirschend» – mit 18:0 Stimmen überwiesen und der Auftrag abgeschrieben.

Nachwehen zu Einsatz bei Amokdrohung

Aufgrund der Medienberichterstattung im Zusammenhang mit einer anonymen Ankündigung eines Amoklaufs und dem folgenden Polizeieinsatz im Giacomettischulhaus und nach persönlichen Gesprächen sah sich Mitte-Gemeinderat Silvio Curschellas veranlasst, im Rahmen der Fragestunde das Themea aufzugreifen. «Im Nachgang zu diesem Einsatz war in den Medien zu lesen, dass sich verschiedene Eltern über die generelle Situation betreffend Messer und andere Waffen im Schulhaus Giacometti ernsthaft Sorgen machen», schrieb Curschellas. Auch aufgrund persönlicher Gespräche wollte er wissen, wie der Stadtrat die Situation im Schulhaus beurteile. Weiter fragte er nach, ob die Situation ein spezifisches Problem des Schulhauses Giacometti sei oder die Lage etwa im Oberstufenschulhause Quader ähnlich sei.

Stadtrat und Schulvorsteher Patrik Degiacomi betonte, der Stadtrat habe die Ereignisse rund um die Amokdrohung «mit grosser Besorgnis um die physische und psychische Gesundheit der Kinder, Jugendlichen und Mitarbeitenden verfolgt». Es seien aber weder im Giacometti noch in anderen Schulhäusern Probleme mit Messern bekannt. Eine polizeiliche Durchsuchung aller 340 Schülerinnen und Schüler am Tag der Amokdrohung habe auch keine Funde ergeben. Der Stadtrat beurteile die Situation deshalb grundsätzlich als sehr sicher. Neben Messern könnten auch verbale und nonverbale Bedrohungen oder Mobbing zu Angst und Verunsicherung führen. Das nehme die Stadt ebenfalls sehr ernst und gehe entschieden dagegen vor. Gemeinderat Curschellas bedankte sich für die Ausführungen von Stadtrat Degiacomi, zog aber einen anderen Schluss zur Situation in den Schulhäusern: «Ich stelle fest, dass die Wahrnehmung der Schulleitung und des Stadtrates eine andere ist als jene der Basis. Wir werden sehen, wie sich das Problem, sofern es eines ist, weiterentwickelt.»

Fragen zur Mobilitätsstrategie 2030 und den täglichen Staus auf dem Knoten Masanserstrasse und der Kasernenstrasst in die Stadt von Rainer Good (FDP) wurden von Stadträtin Sandra Maissen beantwortet. Sie zeigte auf, welche Lösungsansätze zusammen mit dem für die Zufahrtsstrassen zuständigen Kanton und dem Bundesamt für Strassen in Abklärung sind. Ein Schlüsselprojekt im Zusammenhang mit der Mobilitätsstrategie und dem Agglomerationsprogramm sei zudem der Linksabbieger Rosenhügel, dessen Vorprojekt verabschiedet und das Auflageprojekt Anfang 2025 vorliegen soll.

Eingereicht wurden zudem zwei neue Vorstösse, so zur Verankerung des Ausländerstimmrechts (SP) und zur Prüfung einer neuen Trägerschaft für die Gewerbliche Berufsschule Chur (GBC, SVP).

Chur, 12.4.24/nw

 

Engagiere dich