Gemeinderatssitzung vom 14. Dezember 2023 – Das «Höchsten»-Jahr geht zu Ende
18. Dezember 2023
Martin Candinas hat sein Amt als Nationalratspräsident bereits abgegeben, die Nachfolgerin von Norbert Waser im Churer Gemeinderat ist bereits gewählt, nur Standespräsident Franz Sepp Caluori wird den Bündner Grossen Rat auch im nächsten Jahr noch präsidieren. Damit endet an Silvester das «Jahr der Höchsten», die einmalige Konstellation, dass die Mitte Chur im gleichen Jahr die Führung der Parlamente auf allen drei Staatsebenen stellen durfte.
Im Churer Stadtparlament führte Norbert Waser ein letztes Mal durch die Gemeinderatssitzung, die mit dem Budget, den Botschaften zur Zukunft der Wohnbaugenossenschaft der Stadt Chur (WSC) und zum Weissbuch 2.0 zur städtischen Boden -und Liegenschaftenpolitik und diversen Wahlgeschäften noch einmal reich befrachtet war.
Keine Mehrheiten für Mitte-Anträge
Haupttraktandum der Dezembersitzung ist wie immer die Behandlung des Budgets. Die Geschäftsprüfungskommission, der seitens der Mitte auch Tino Schneider angehört, hatte am Entwurf des Stadtrates nur geringfügige Korrekturen angebracht. Die Hauptabweichung zu den bereits vor den Medien präsentierten Zahlen betrifft den Teuerungsausgleich, der mit 1,4 Prozent um 0,6 Prozent tiefer ausfällt als ursprünglich budgetiert. Keine Chance hatte ein von der Mitte-Fraktion gestellter Antrag auf eine geringfügige Anpassung bei den Löhnen im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht und der Musikalischen Grundbildung, mit der eine Verschiebung des Unterrichts von Blockzeiten am Morgen in den Nachmittag hätte abgewendet werden sollen. Nachdem sich Corina Cabalzar (SP) namens der Bildungskommission dagegen ausgesprochen hatte und sich auch Stadtrat Patrik Degiacomi gegen diese Massnahme wehrte, fielen die Abstimmungen mit 9:12 zweimal negativ aus. Etwas überraschend stimmte der Rat einem Antrag der GPK zu, der bereits im 1. Quartal 2025 vom dannzumal neu gewählten Stadtrat Legislaturziele 2025-2028 verlangt. Der von der Mitte unterstützte Gegenantrag des Stadtrates, der den Zeitrahmen bis Ende 2025 ausdehnen wollte, scheiterte mit 7:13 Stimmen (bei einer Enthaltung).
Einstimmig verabschiedet wurden sämtliche Anträge im Zusammenhang mit dem Budget 2024. Nach Berücksichtigung des angepassten Teuerungsausgleiches und einer Erhöhung des Betriebsbeitrages an die Bus und Service AG um 335 400 Franken weist das Budget bei Aufwendungen von rund 295 Millionen und Erträgen von 297,4 Mio. einen Überschuss von 2,4 Mio. Franken auf. Der Steuerfuss bleibt bei 88 Prozent. Die plafonierten Nettoinvestitionen betragen 87,137 Mio., wobei der Selbstfinanzierungsgrad lediglich noch 18,1 Prozent beträgt. Der Stellenplan beträgt 77 021 Stellen-Prozente. Die Feuerwehrpflichtersatzabgabe bleibt unverändert bei 90 Franken.
Wie aufmerksam die Mitte die Sitzungen vorbereitet, zeigten zwei Wortmeldungen von Fraktionspräsident Silvio Curschellas, dem im zur Kenntnisnahme vorgelegten Budget 2024 ein Teuerungsausgleich von 3(!) Prozent bei den IBC Energie Wasser und das Fehlen des Blattes 1.02 im Weissbuch 2.0 zur städtischen Boden- und Liegenschaftenpolitik aufgefallen war. Beim Ersteren handelt es sich um einen Tippfehler, das Fehlen eines Blattes im Weissbuch konnte sich Stadtpräsident Urs Marti auch nicht erklären…
Ohne Gegenanträge zum Beschluss erhoben wurden die Anträge des Stadtrates in der Botschaft zum Auftrag von Oliver Hohl (BDP) zur Schaffung eines WSC-Gesetzes. Nach den Ausführungen von Stadtpräsident Urs Marti liess sich auch die SP davon überzeugen, dass die Fortführung der Wohnbaugenossenschaft der Stadt Chur aus steuerlichen Überlegungen die beste Variante ist. Künftig soll hingegen der Gemeinderat über die Eignerstrategie alle vier Jahre verstärkt Einfluss auf die Tätigkeiten der WSC nehmen können. Der Auftrag wurde abgeschrieben.
Namens der SP präsentierte Barbara Rimml an ihrer erst zweiten Gemeinderatssitzung im Rahmen der Diskussion der Botschaft Weissbuch 2.0 ihre Wünsche zur städtischen Boden- und Liegenschaftenpolitik. Ihr Änderungsantrag zur Botschaft des Stadtrates, der eine Abstimmung auf die Revision der Grundordnung und einen Marschhalt verlangte, wurde mit 6:13 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) klar abgelehnt. Nur teilweise befriedigt zeigte sich Vincenzo Cangemi (SP) mit der Antwort des Stadtrates auf die Interpellation der SP-Fraktion betreffend Bezahlbarer Wohnraum in der Stadt Chur.
Géraldine Danuser folgt auf Norbert Waser
An der letzten Gemeinderatssitzung standen gleich mehrere personelle Mutationen auf der Traktandenliste. Zum Auftakt waren drei Ersatzwahlen vorzunehmen. Ein Wechsel in der Geschäftsprüfungskommission betrifft auch die Mitte. Den Platz von Tino Schneider in der GPK nimmt Silvio Curschellas ein, der seinerseits das Fraktionspräsidium nach dem Präsidialjahr wieder an Norbert Waser zurückgibt. Seitens der FDP nimmt neu Daniel Lütscher Einsitz in der GPK. Er wird – als Ersatz für Michel Peder – zusammen mit Sandy Zgraggen (FDP) im neuen Jahr auch im Gemeinderat Einsitz nehmen. Zgraggen, die im Gemeinderat für Hans Martin Meuli nachrückt, wird diesen auch in der Bildungskommission ersetzen. Am Ende der Sitzung von Ratspräsident Norbert Waser verabschiedet wurde auch Gemeinderat Mario Cortesi (SVP), sein Mandat als 1. Stadtrats-Stellvertreter nimmt noch bis Ende Jahr sein Parteikollege Hanspeter Hunger ein. Bei den offen durchgeführten Wahlen wurden alle Kandidierenden einstimmig gewählt.
Zum Abschluss der Sitzung wurde in geheimer Abstimmung das neue Präsidium für das Jahr 2024 gewählt. Mit dem Glanzresultat von 20 Stimmen wurde die bisherige Vizepräsidentin Géraldine Dauser (GLP) ins Ehrenamt als «höchste Churerin» und damit Nachfolger von Norbert Waser (Mitte) gewählt. Infolge Rücktritt von Michel Peder und damit dem Ausscheiden aus der Redaktionskommission musste die FDP einen neuen Kandidtan für das Vizepräsidium vorschlagen. Mit 16 Stimmen gewählt wurde Fraktionspräsident Rainer Good.
Im Anschluss an die letzte Gemeinderatssitzung spielte im Foyer die Stadtmusik auf, wobei Norbert Waser den Dirigentenstab symbolisch an Géraldine Danuser weitergab. Zuvor hatte der Gemeinderatspräsident seine Kerze, die er – dem olympischen Feuer gleich – zu Beginn seines Amtsjahres in einer Laterne von der Kathedrale in den Ratssaal getragen hatte und die währen allen Sitzungen seiner Amtszeit den Gemeinderatssaal erleuchtete, an seine Nachfolgerin übergeben. «In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst. Nur wer brennt, kann Feuer entfachen.» So Wasers Zitat von Augustinus von Hippo aus dem 5. Jahrhundert. Zum Ausklang begaben sich die Mitglieder des Stadtparlaments und der Stadtkanzlei in die frisch renovierte Hofkellerei, wo Gemeinderat und Architekt Vincenzo Cangemi quasi zum Apéro einen interessanten Einblick in das von seinem Büro geleitete Umbauprojekt gab. Kurz vor Mitternacht war bei den traditionellen Produktionen der Fraktionspräsidien für die Mitte Silvio Curschellas an der Reihe. Das ehemalige Mitglied der legendären Schnitzelbankgruppe Les Miserables konnte dabei aus dem Vollen schöpfen.