Gemeinderatssitzung vom 18. November 2021
19. November 2021 – Wegweiser für die Zukunft der WSC
Die privatrechtlich organisierte Wohnbaugenossenschaft der Stadt Chur (WSC), die sich seit 1974 zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Chur befindet, war bisher der politischen Mitwirkung weitgehend entzogen. Der Gemeinderat konnte lediglich den Jahresbericht der WSC, die eine Bilanzsumme von rund 60 Millionen Franken aufweist, zur Kenntnis nehmen. Als Folge eines überwiesenen Auftrages von Oliver Hohl (damals noch BDP, heute FDP) legte nun der Stadtrat eine Botschaft vor, wie dem Gemeinderat eine angemessene Mitwirkung an der WSC ermöglicht werden soll. Die vorgeschlagene Aufarbeitung und Bereinigung des Liegenschaftsportfolios zwischen der Stadt und der WSC war dabei quer durch alle Parteien unbestritten. Als Wortführer in der Debatte im Gemeinderat kritisierte Mitte-Fraktionschef Peter Portmann aber den vom Stadtrat vorgeschlagenen Weg, dies mit dem Auftrag zur Umwandlung der WSC in eine Aktiengesellschaft zu tun. Wenn dabei von einer Entpolitisierung die Rede sei und die Einmischung der Politik als Gefahr bezeichnet werde, würden bei ihm die Alarmglocken läuten, sagte Rechtsanwalt Portmann. Die Mitte-Fraktion sei nicht bereit, dem Stadtrat mit dem jetzigen Kenntnisstand eine «Carte blanche» zu erteilen und er stellte einen Änderungsantrag in Aussicht, der nach einer kurzen Pause und Diskussion unter den Fraktionspräsidenten auch eingereicht wurde. Nach ausgiebiger Debatte und den Ausführungen von Stadtpräsident Urs Marti stellte sich auch der Stadtrat(!) hinter den Abänderungsantrag von Portmann, der nun als Wegweiser für den Weg in die Zukunft der WSC dienen wird.
Die Haltung der Mitte-Fraktion zur Bewerbung der Stadt Chur als «Host City» der Special Olympics World Winter Games 2029 vertrat Gemeinderat Norbert Waser. Der ehemalige Sportredaktor sagte, für ihn sei die Möglichkeit, sich auf politischer Ebene für eine «Olympische Botschaft» einsetzen zu können, wie die Erfüllung eines Traums. Als langjähriger Ratsberichterstatter erinnerte er aber auch daran, dass diese Spiele noch ähnlich weit entfernt sind, wie die rigorosen Sparmassnahmen in der Stadt Chur zurückliegen und eine Beteiligung von 4,25 Mio. Franken für die Stadt kein Pappenstil sind. Es biete sich nun aber die einmalige Chance, Gastgeberstadt des zweitgrössten Wintersportanlasses der Welt zu werden und auf der Basis der erfolgreich durchgeführten nationalen Special Olympics Winter Games 2016 ein inklusives Haus zu bauen, einen Ort gelebter Integration von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Waser wies auch auf die Chance hin, mit diesem Anlass die bis zu diesem Zeitpunkt hoffentlich fertiggestellten Infrastrukturen, wie die Sport- und Eventanlagen auf der Oberen Au, die neue Brambrüeschbahn und die Schul- und Sportanlage Ringstrasse, einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Mit einem Anteil von nur elf Prozent an den erwarteten Gesamtkosten von 38 Millionen Franken, erhalte die Stadt Chur einen hohen Gegenwert. Für den weiteren Verlauf der Kandidatur und die weiteren Austragungsorte sowie die finanzielle Beteiligung von Bund und Kanton sei nun die Volksabstimmung im Februar wegweisend. Mit der einstimmigen Genehmigung der Botschaft setzte der Churer Gemeinderat schon einmal ein Zeichen.
Eine eigenständige Position vertrat die Mitte-Fraktion bei der Behandlung des Auftrages «Schutz der Kinder vor Sars-CoV-2» von Géraldine Danuser (GLP). Norbert Waser erläuterte, weshalb mit der geplanten Anschaffung von CO2-Messgeräten für 39 000 Franken für die Schulzimmer noch kein einziges Kind vor der Ansteckung mit dem Virus geschützt werde. Viel entscheidender sei das richtige Lüften der Schulräume und dafür gebe es vom Bundesamt für Gesundheit einen kostenlosen Onlinelüftungssimulator mit der Bezeichnung «Simaria». Anstatt die Feststellung der Luftqualität einem elektronischen Messgerät zu überlassen, könnten beispielsweise mit dem Bestimmen von «Lüftungsbeauftragten» in den Klassen auf pädagogisch wertvolle Art und Weise die Schutzziele ebenfalls erreicht werden. Wie im Leitfaden erwähnt, würde dazu die Anschaffung von wenigen CO2-Fühlern für Kontrollmessungen völlig ausreichen. Auch der Hinweis, dass mit den CO2-Messgeräten potenzieller Elektroschrott angeschafft würde, konnte die übrigen Ratsmitglieder nicht davon abhalten, den Auftrag trotzdem zu überweisen.
Mehrere offene Fragen ortete Gemeinderat Tino Schneider in der Antwort des Stadtrates auf den Auftrag von Géraldine Danuser (GLP) betreffend «Offener Drogenszene in Chur». Bezüglich der von verschiedenen Seiten geforderten Einrichtung eines Konsumraums mache es sich der Stadtrat etwas gar einfach, den «schwarzen Peter» einfach dem Kanton zuschieben. Ein solcher Konsumraum, der gerne als Lösung aller Drogenprobleme dargestellt werde, könne nur eine Ergänzung einer ganzheitlichen Strategie sein. Schneider wies auf die Schwierigkeiten hin, die sich bei der Standortsuche ergeben könnten und die hohen Kosten, die mit den baulichen Anpassungen einer potenziellen Liegenschaft und dem Betrieb verbunden sind, zudem könnte eine solche Einrichtung auch eine gewisse Sogwirkung für Drogensüchtige auslösen. Weil der Handlungsbedarf in Sachen Drogenszene in Chur aber unbestritten ist, unterstützte auch die Mitte-Fraktion die Überweisung des Auftrages einhellig, hofft nun aber, dass die im Rat geäusserten Erwägungen ebenfalls in die Erarbeitung der Botschaft einfliessen werden.
Im Anschluss an die Gemeinderatssitzung luden die «Greenhörner» im Gemeinderat, zu denen auch Tino Schneider und Norbert Waser gehören, die Parlamentsmitglieder zu einer Besichtigung des Schlosses Haldenstein mit Apéro und anschliessendem «Green Meal» im benachbarten Gasthaus «Calanda» ein.