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Kritik an GPK-Bericht – Ja zu Tschiertschen-Praden

21. Juni 2024 – Inhaltlich war an der Juni-Sitzung des Churer Gemeinderates wie üblich die Jahresrechnung ein Schwerpunkt, diese schloss im 2023 mit einem Überschuss von rund 12 Mio. Franken ab. Ein wichtiges Signal gab der Churer Gemeinderat mit der positiven Empfehlung an das Stimmvolk, dem aufgegleisten Zusammenschluss mit der Gemeinde Tschiertschen-Praden zuzustimmen, ab. Aus Sicht der Mitte-Partei stand die Aufarbeitung der Umstände eines GPK-Berichts im Zentrum, der wenige Tage vor dem Wahltermin veröffentlicht worden war und den Ausgang der Wahlen sicher mitbeeinflusst hat.

Erfreulich ausgefallen ist die Jahresrechnung 2023, die bei einem Aufwand von 281,9 Mio. und einem Ertrag von 293,9 Mio. ein Gesamtergebnis von rund 12 Mio. Franken aufweist. Die Investitionsrechnung weist Nettoinvestitionen von 60,1 Mio. auf, wobei verschiedentlich der Selbstfinanzierungsgrad von bloss noch 41 Prozent Anlass zu kritischen Bemerkungen gab, so auch von GPK-Präsident Jürg Kappeler. Er konnte aber auch bekanntgeben, dass sämtliche laufenden Generationenprojekte gut unterwegs sind. Er monierte, dass im Stadthaus im 3. OG derzeit Räume leer stehen würden, diese seien unverzüglich zu nutzen. Der Ende Jahr infolge Amtszeitbeschränkung aus dem Amt ausscheidende Stadtpräsident Urs Marti kündigte ein Sparpaket im Umfang von 16 Mio. Franken an. Für das laufende 2024 stellte er nochmals schwarze Zahlen in Aussicht. Für bereits aufgegleiste Investitionen von 40 bis 60 Mio. stünden noch rund 80 Mio. Reserven zur Verfügung, bis die vom Gemeinderat festgelegte Untergrenze der Eigenkapitalquote von 60 Prozent erreicht werde. Künftig liessen sich noch jährliche Investitionen in der Grössenordnung von 40 Mio. finanzieren. Erzielte Gewinne in der Jahresrechnung liessen sich der Bevölkerung in Form von neuen Investitionen zurückgeben. Baudirektorin Sandra Maissen konnte bekanntgeben, dass die Leitung der Abteilung Hochbau per September neu besetzt werden konnte. Auf eine Frage aus dem Rat gab die Stadträtin auch Auskunft über den Stand der Revision der Grundordnung. So werde die Botschaft zur Phase 1 derzeit im Stadtrat behandelt, die Vorbereitungen zur Phase 2 würden laufen. Die Rechnung, die Geschäftsberichte aus den Departementen und die Nachtragskredite wurden einstimmig genehmigt.

Mitarbeitende werden befragt

Im Nachgang zu den Wahlen, bei denen Mitte-Stadträtin Sandra Maissen überraschend nicht mehr wiedergewählt worden ist, war die Debatte über den wenige Tage vor dem Abstimmungstermin veröffentlichten Bericht der GPK bezüglich Nichteinhaltung vorgegebener Verfahrensabläufe sowie die Zusammenarbeit und Stimmung in der Stadtverwaltung mit Spannung erwartet worden. Wie GPK-Präsident Jürg Kappeler erwähnte, war dazu ein Ausschuss gebildet worden, dem nur Mitglieder der im Stadtrat nicht vertretenen Parteien angehörten. Er gab auch bekannt, dass Sandra Maissen beim Verwaltungsgericht eine superprovisorische Verfügung beantragt hatte, weil ihr das rechtliche Gehör nicht gewährt worden war. Diese war abgelehnt worden. Kappeler betonte, für die GPK seien die Wahlen zeitlich nicht relevant gewesen, es wäre Willkür gewesen, den Bericht deswegen bis im Herbst zurückzubehalten.

Namens der Mitte-Partei nahm Fraktionspräsident Norbert Waser zum Bericht Stellung. Er kritisierte insbesondere die Form des Berichts und die zeitlichen Abläufe. «Ich kann mich nicht erinnern, dass es in meiner fast vierjährigen Zeit als Gemeinderat und meiner über zwanzigjährigen Tätigkeit als Journalist im Gemeinderat, je einmal vorgekommen ist, dass die GPK den Gemeinderat über einen solchen Sachverhalt mit derart geringen Auswirkungen und ohne Zusatzkosten separat informierte.» Wenn überhaupt, gehörten derartige Bemerkungen in den ordentlichen Bericht der GPK, vorliegend zur Rechnung 2023. «Zusammenfassend halte ich fest, dass die Mitte-Fraktion mit dem gewählten Vorgehen der GPK grosse Mühe hat, gerade was das Timing und auch den Aufbau des Berichts angeht.» Während die beiden sachlichen Punkte Vorgänge im 2023 zum Gegenstand haben, betrifft die Feststellung der GPK zur getrübten Stimmung und dem fehlenden Vertrauen in der Stadtregierung den Gesamtstadtrat. «Es bleibt das ungute Gefühl zurück, dass die GPK hier gröber vom Weg abgekommen ist und das Vertrauen in die eigene Institution definitiv nicht gestärkt hat», sagte Waser. Von der Mitte unterstützt werde die von der GPK beantragte externe Befragung der Mitarbeitenden auf Kaderstufe in der Stadtverwaltung und den Vorgängen, die in den letzten Monaten zu einer «getrübten Stimmung» und «Misstrauen» – wie es die GPK formuliert – geführt haben. Die Resultate sollen noch dieses Jahr vorliegen.

Nachdem diese externe Befragung und eine Präzisierung der Ausstandspflicht einstimmig genehmigt worden waren, erhielt Stadträtin Sandra Maissen die Möglichkeit für eine persönliche Erklärung. «In Bezug auf die Zusammenarbeit innerhalb des Stadtrats-Gremiums halte ich fest, dass ich die Auffassung der GPK teile, dass die Zusammenarbeit nicht immer reibungslos verläuft und das Vertrauensverhältnis mitunter beeinträchtigt ist“, hielt Maissen fest. „Die Stimmung erlebe ich zuletzt als angespannt und nicht immer respektvoll. Ob es das Dreiergremium ist, für welches sich der Stadtrat 2016 bewusst entschieden hat und das im Kanton und schweizweit eine Ausnahme bildet, welches eine konstruktive Sachpolitik erschwert, lasse ich offen. Als Teil des Dreiergremiums nehme ich mich nicht aus der Verantwortung. Als Team hat es der Stadtrat nicht geschafft, die Werte, die von der Bevölkerung erwartet werden, vorzuleben, zumindest nicht in den letzten Monaten.“ Neben der beschlossenen Mitarbeitendenbefragung, die auch von ihr ausdrücklich begrüsst werde, sei aus ihrer Sicht als ein weiterer Vorschlag, die Schaffung einer unabhängigen Ombudsstelle für das Personal zu prüfen. „Das könnte auch für Führungspersonen eine Unterstützung sein“, sagte Maissen. Klar äusserte sich die Mitte-Stadträtin zum Fristenablauf bezüglich der Berichterstattung der GPK. „Eine echte Stellungnahme ist dabei nicht möglich. Wenn dann noch in der medialen Berichterstattung die Anträge des GPK-Berichtes, welche den Gesamtstadtrat – betreffen zu Unrecht – nur einem Mitglied zugeschrieben werden, dann ist der Schaden auch für die Politik generell und ihre Institutionen perfekt. – Damit das künftig vermieden werden kann, rege ich an, dass eine Fristenregelung geprüft wird. So könnte sichergestellt werden, dass weder die Berichterstattung noch der Publikationszeitpunkt als politisches Instrument verwendet werden kann. Nur wo Vertrauen, Respekt und Wertschätzung sowohl auf Stadtratsebene, in den politischen Institutionen, aber auch in den Verwaltungen sich die Hand reichen, könne gute Arbeit für die Bevölkerung geleistet werden. Das wünsche sie sich auch für den Stadtrat, der ab 2025 in neuer Zusammensetzung tätig wird.

Erfreuliches in den Jahresberichten

Zur Kenntnis genommen werden in der Juni-Sitzung jeweils diverse Jahresberichte (IBC Energie Wasser Chur, Wohnbaugenossenschaft der Stadt Chur, Stadthalle Chur AG, Bus und Service AG, Stadtbibliothek, Region Plessur, Chur Tourismus). Bei der Behandlung des Jahresberichtes der Stadtbibliothek verdankte Mitte-Fraktionspräsident Norbert Waser die Tätigkeit der scheidenden Bibliotheksleiterin Julia Wäger, die wesentlich zum Erfolg des Konzepts am neuen Standort im ehemaligen Postgebäude beigetragen hat. Waser stellte grundsätzlich fest, dass mit dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Geld (Bibliothek, Stadtbus, Tourismus) gute Arbeit geleistet werde. Sein Fraktionskollege Silvio Curschellas wies beim Jahresbericht der IBC Energie Wasser Chur darauf hin, dass es die finanzielle Entwicklung verstärkt im Auge zu behalten gelte, ist doch der Gewinn im letzten Jahr um eine Million tiefer ausgefallen. Der Stadt flossen trotzdem noch Dividenden von 3,7 Mio. Franken zu, obwohl die für die Ausschüttung massgebliche Eigenkapitalquote von 50 Prozent leicht unterschritten worden ist. Die IBC sei weiter angehalten, den vakanten Verwaltungsratssitz mit einer in Energiefragen kompetenten Person zu besetzen. Curschellas gehörte auch zu jenen Ratsmitgliedern, die von Stadtpräsident Urs Marti Auskunft zu den operativen Verlusten der Stadthalle Chur AG und dem Verkauf der Markenrechte der Higa verlangte. Marti räumte ein, dass man sich im letzten Jahr eine blutige Nase geholt und mit eigenen Ausstellungsformaten Schiffbruch erlitten habe. Daraus habe man Lehren gezogen und er richtete den Blick nach vorn auf die neue Stadthalle, die bereits eine erfreuliche Nachfrage gefunden habe.

Im Sinne der Erwägungen überwiesen wurde der Auftrag von Mitte-Gemeinderat Tino Schneider zur Erarbeitung einer Wohnraumstrategie. Er hätte sich in der Antwort des Stadtrates zwar noch etwas mehr Fleisch am Knochen erhofft, meinte Schneider, aber grundsätzlich handle es sich um ein sinnvolles Instrument. Stadträtin Sandra Maissen sagte, dass mehrere Massnahmen bereits im Rahmen der Revision der Grundordnung aufgenommen würden. Der Auftrag wurde mit 15:5 Stimmen überwiesen.

Nur teilweise befriedigt zeigte sich Barabara Rimml mit der Antwort des Stadtrates auf die Interpellation der SP-Fraktion betreffend Strategische Land- und Immobilienkäufe. Verlängert wurde die Frist zur Beantwortung der Interpellation von Jean-Pierre Menge (SP) zur Anbringung einer Gedenktafel für die Opfer eines Brandes in einem Durchgangsheim für Asylbewerber an der Alexanderstrasse im Jahre 1989. Unbestritten war die beantragte Abschreibung von drei älteren Vorstössen.

Klares Votum für Tschiertschen-Praden.

Nachdem sich die Gemeindeversammlung von Tschiertschen-Praden wenige Tage zuvor bei einer Stimmbeteiligung von über 63 Prozent mit beinahe 85 Prozent Ja-Stimmen für einen Zusammenschluss mit der Stadt Chur ausgesprochen hatte, lag der Ball nun beim Churer Gemeinderat. Auch wenn eine Vergrösserung des Gemeindegebietes um rund die Hälfte(!) des Stadtgebietes, nämlich von rund 5400 auf über 8000 Hektaren, kein strategisches Ziel der Stadtbehörden gewesen sei, gelte es einer solchen Anfrage aus staatspolitischer Sich offen gegenüberzustehen, sagte Mitte-Fraktionspräsident Norbert Waser. «Ja, eine derartige Vergrösserung des Stadtgebietes, eine Zunahme um weitere 300 Einwohner, knapp 50 zusätzliche Schulkinder, 20 Mitarbeitende, rund 800 Hektaren mehr Waldfläche, eine weitere Bergbahn auf Gemeindegebiet; all dies birgt auch Risiken und Gefahren», sagte Waser. «Aber wer, wenn nicht die Stadt Chur mit ihrer professionell aufgestellten Verwaltung, kann diese Herausforderungen packen und Tschiertschen-Praden als Dorf mit einem urtümlichen Charakter und eine eigentliche touristische Perle als neuen Ortsteil integrieren.» Der Kanton unterstützt diesen Zusammenschluss mit 7,25 Millionen Franken und während zehn Jahren nach der Fusion mit einem Minimalbetrag aus dem Gebirgs- und Schullastenausgleich von jährlich 350 000 Franken, also nochmals 3,5 Millionen Franken. «Die Fusion hätte durchaus einen etwas höheren ‘Risikozuschlag` verdient», meinte Waser. Den Zusammenschluss deshalb abzulehnen, wie es die geschlossene SVP-Fraktion tat (Abstimmung 16:4), wäre aus Sicht der Mitte-Fraktion aber ein falsches Zeichen. Der Ball liegt nun bei der Churer Stimmbevölkerung, die am 22. September 2024 über den Zusammschlussvertrag abstimmen wird. Wird diesem zugestimmt, muss der Grosse Rat diesen im Dezember noch genehmigen, damit am 1. Januar 2025 die Zahl der Gemeinden in Chur auf noch 100 sinken würde.

Neu eingereicht hat Tino Schneider einen Auftrag betreffend Revision der Verordnung über die Finanzkontrolle.

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