Gemeinderatssitzung vom 7. Oktober 2021
7. Oktober 2021 – Mitte-Fraktion verschafft Mehrheiten
Der auf drei Sitze erstarkten Mitte-Fraktion im Churer Gemeinderat kommt buchstäblich eine zentrale Rolle zu. In der mit 14 Traktanden reich befrachteten Oktober-Sitzung sorgten die drei Stimmen der Mitte-Fraktion bei sämtlichen Sachgeschäften dafür, dass sich die knappe bürgerliche Mehrheit durchsetzen konnte. Das war nicht nur beim Auftrag der SP-Fraktion zur Schaffung eines zusätzlichen städtischen Corona-Fonds (7:12 abgelehnt) so, sondern auch bei allen drei behandelten Botschaften des Stadtrates. Ein gewichtiges Wort zur Meinungsbildung hatte Fraktionspräsident Peter Portmann bei der Behandlung der Botschaft zum Umbau des Hauses Arcas. Nachdem der von der SVP gestellte Antrag auf Nichteintreten auf die bereits zweite Botschaft zu diesem Geschäft abgelehnt worden war, führte Portmann aus, weshalb die Mitte-Fraktion gegen einen Variantenentscheid auf der Basis der vorliegenden Botschaft ist. Ihm werde schwindlig ob der in der Zwischenzeit auf gegen 3,5 Mio. Franken angewachsenen Kosten für das Umbauprojekt und die auf über 230 000 Franken gestiegenen jährlichen Belastungen. Angesichts dieser Zahlen müsse auch eine Deinvestition, resp. ein Verkauf geprüft werden. Norbert Waser, der bei der Behandlung der ersten Botschaft noch nicht im Gemeinderat sass, wunderte sich darüber, dass es zuerst «intensive Detailabklärungen» brauchte, um zur Einsicht zu gelangen, dass sich das ursprünglich angedachte Konzept nicht umsetzen lässt und die Kosten aus dem Ruder laufen. Auf der dürftigen Grundlage einen Wettbewerb durchzuführen und bei Interessenten grosse Hoffnungen zu wecken, sei schlicht unseriös gewesen. Nachdem Stadtpräsident Urs Marti Fehler im Prozess eingestand und das nun vorgeschlagene Vorgehen wenig überzeugend vertrat, trug die Mitte-Fraktion dazu bei, dass das Geschäft mit 9:11 Stimmen an den Stadtrat zur Überarbeitung zurückgewiesen wurde.
Bei der Behandlung des Geschäftsberichts des Gemeindeverbandes für Abfallentsorgung (Gevag), bedankte sich Norbert Waser namens der Mitte-Fraktion beim früheren Gevag-Präsidenten Hans Geisseler (CVP) und seinem Vorstand für seine grosse Arbeit bei der Überführung in die neuen Strukturen (öffentlich-rechtliche Anstalt) und das dabei gezeigte Fingerspitzengefühl. Bei der Kenntnisnahme des Geschäftsberichts von Chur Tourismus äusserte sich Waser kritisch zu der von GPK-Präsident Jürg Kappeler angeregten Intensivierung des Marketings für die Sportanlagen. Angebote wie Fitness-Kurse und Sauna würden private Anbieter konkurrenzieren, weshalb diese Angebote nicht mit Steuergeldern noch aktiv beworben werden sollen, sagte Waser.
Bei der Behandlung der Initiative für bezahlbare Kitas bedankte sich Fraktionschef Portmann bei der SP für das Ergreifen der Initiative, dank der jetzt das Thema auf dem Tisch liegt und auch dem Stimmvolk vorgelegt werden kann. Bei der Detailberatung sprach sich die Mitte-Fraktion für die Unterstützung des Gegenvorschlags des Stadtrates aus, der anstelle einer Verdoppelung der Beiträge nur eine Erhöhung von 50 Prozent vorsieht. Auch das sei nicht bloss eine Pflästerlipolitik und sorge bei Familien für eine spürbare Entlastung, meinte Portmann. Die Maximalforderung der Initianten wurde mit 7:13 Stimmen abgelehnt. So kann nun das Stimmvolk entscheiden.
Bei der Behandlung der Botschaft zur Situationsanalyse der Strassenprostitution in Chur zeigte sich Gemeinderat Tino Schneider mit dem Vorschlag für ein Pilotprojekt zu minimalen Kosten einverstanden, kritisierte aber den in der Botschaft vorgeschlagenen Automatismus, bei einem positiven Ausgang des Pilotprojekts bereits weitere Gelder freizugeben. Mit diesem Vorgehen würde der Stadtrat dem Gemeinderat politische Ketten anlegen. Stattdessen soll er mit den Erkenntnissen aus dem Pilotprojekt dem Gemeinderat eine Botschaft zum weiteren Vorgehen vorlegen. Diesem Vorschlag wurde mit 8:11 Stimmen Folge geleistet.
Gar nicht erst eingetreten wurde auf den Antrag auf Direktbeschluss von FDP-Gemeinderat Good zur Senkung des Steuerfusses. Nachdem sich auch Gemeinderat Norbert Waser kritisch zur Anwendung dieses neuen parlamentarischen Mittels so kurz vor der Budgetdebatte im Dezember, in der der Steuerfuss in Kenntnis aller Fakten ein Thema sein wird, geäussert hatte, wurde dieser Punkt mit 8:11 Stimmen erledigt.
Auch in der Fragestunde trat Die Mitte positiv in Erscheinung. Stadträtin Sandra Maissen beantwortete in ihrer Funktion als Baudirektorin Fragen zur Pflästerung in der Altstadt (Xenia Bischof, SP) und zum Erhalt der Ruine Lichtenstein (Katzenburg, Angela Carigiet Fitzgerald, SP) umfassend und kompetent. Fraktionspräsident Peter Portmann seinerseits hatte mehrere kritische Fragen zum Abbau des Angebots der schweizerischen Post in der Stadt gestellt. Stadtpräsident Urs Marti schilderte die Bemühungen der Stadt bei jedem Abbauschritt der letzten Jahre, Portmann spreche da einen wunden Punkt an, leider seien die Einflussmöglichkeiten der Stadt, auch angesichts sinkender Frequenzen an den Postschaltern, leider nicht sehr gross.